1633 - 1694 Du
schwache Allmacht, du des Siegers überwinder!
die selbste Freyheit freut,
von dir bestrickt zu seyn.
Recht auf Magnetisch du ziehst
Wunder Ding’ herein:
du rührst des Höchsten Herz,
des Heiles Hülff-verbinder.
die Engel-Sonn steht still vor
dir, du armer Blinder!
was hält der Glaube nicht,
steht Gottes Wesens Schein?
wer überwindet GOtt? der
Glaube thut’s allein.
Er ist der Gottheit-Weg, auch
Ziel’ und Willens finder.
Er ist ihr unterstand, in dem
sie herrlich würkt.
Die Allmacht-Muschel sich dem
Glaubens-Thau auffschliest:
zu Wunder-Perlen bald
Vertrauens-Krafft erspriest,
Die, diß vollkommen sie, sein
Schutzes-Schal bezikt.
Das Plulfer kracht, so bald
ein Fünklein-Feur drein fällt:
die Allmacht macht, wann sich
der Glaube zu ihr hält.
1633 - 1694
Was ist Wunder, daß der Stumm’
also-bald zu reden pfleget:
weil des Wortes Lebens-Quelle,
Christi Mund, ihm einen Safft
durch bespürzen mitgetheilet,
welcher löst der Zungen hafft,
und den Finger, der die Welt
selbst erschuff’ auf ihn geleget?
solt des HErren Donner-Wort,
das die Felsen selber reget,
nicht auch in des Tauben Ohren
haben gleiche Wunder-Krafft?
der die erste Haupt-Bewegung
in den Himmels-Kreißen schafft,
macht auch leichtlich, daß,
der Blind, seiner Augen Glanz beweget.
Seine Werk’, auch also
löblich, wie sie seyn, will er doch nicht,
daß man sie durch Lobes-Schall
mache durch die Welt erklingen.
Je mehr man die Flamme birget,
je viel heller sie ausbricht;
ziehet man den Bogen stark,
nur die Pfeile weiter springen;
so das Lob durchdringt die
Wolken deiner Demut, sagt mit Pracht:
Du, den alle Welt soll ehren,
hast es alles wol gemacht!
1633 - 1694
Ach du aller Wunder Wunder,
und des Höchsten höchste That!
Gütigkeit, von der sich selbst
dieser lässet überwinden,
der Unüberwindlich sonst.
Sünd, und Noht und Tod verschwinden,
wann mit Herzen-süssem
fliessen, du erweichest Gottes Raht.
Du hast stäts in Gottes Herze
die Allherrschend’ Oberstatt.
Nichts ist der Göttlichkeit,
das dich übertrifft, zufinden.
Du kanst Gottes Allmacht-Hand,
schutzend stärken, straffend binden.
Die gesamte Menschen-Wolfart
aus dir ihren Ursprung hat.
Du vermenschest GOtt, O Güte!
daß der Mensch unsterblich wird:
ja willst selbst, dein
Gegentheil, Grausamkeit, an GOtt verüben:
daß du nur an uns erfüllest
deine süsse Lieb-Beggird.
Alles, ja GOtt selbst, du
gibst: uns nur Ewig Treu zu lieben.
Guter GOtt und Gottes Güte!
meine Schrifft erreicht dich nicht:
mit von Lieb verzuckten schweigen
deinen Ruhm man mehr ausspricht.
1633 - 1694
Der Mensch-Erschaffer, hat die
Menschheit angezogen.
Es sauget an der Brust, der
mit den Sternen schafft.
Es hungert, selbst das Brod:
es dürft, en Lebens-Safft.
Das Urliecht selber, schläfft.
Der Weg, wird selbst bewogen.
Die Warheit, wird verklagt;
des Richters Recht, gebogen:
Gerechtigkeit, verdammt; die
Zucht, mit schmeiß gestrafft.
Die Ehre, wird gehört. Die
Freyheit, ligt in Hafft.
Das wesend Leben, stirbt, ist
in den Tod geflogen.
Aus Thränen-Samen, wächst die
frohe Lachens-Frucht.
Das Herrlich Paradeiß, folgt,
auf die Elend-Flucht.
So ist Er wahrer Mensch, und
wahrer GOtt: doch Einer:
desgleichen nie gewest, auch
künfftig seyn wird keiner.
Die Wunderlichst Person,
verricht die seltnest That.
Schau, Mensch! was Gabe GOtt
für dich gegeben hat!
1633 - 1694
O Jesu, Gottes Sohn! wie soll
ich recht aussprechen
die unaussprechlich Treu, so
du an mir gethan?
vor lauter Lieb’ und Gier, und
Wunder, ich nicht kan
die starken Geistes trieb, den
Schall der Wörter, brechen.
Die Geistesregungen, die
grossen Wallfisch, stechen
die Hirnes-Däme durch, und
lassen keine Bahn
der Würckung, daß sie sich kan
schwingen Himmel an.
Doch treue Herz-Andacht soll
ihren Mangel rächen.
Was darf es auch viel Wort, wo
Herz und Thaten reden.
ein jeder Striem lehrt mehr,
als Platons ganze Witz.
So ist auch nur das Herz der
Dank-erkäntnuß Sitz:
daß will zwar, wie die Zung,
vor überfluß erblöden.
weil deines Leidens Zweck,
mich neu und Herrlich machen:
gieb neues Herz und Mund, zu
preisen deine Sachen!
1633 - 1694 Ach
traurstu, meine Lust? du traurst, mich zuerquicken,
gebohrner Freudenfürst, der
Engel Jubel-Pracht!
dein Zittern, mir mein Herz
vor Schmerz zerspringen macht:
und meine Sünde mich, dein
Zitter-Ursach, reue.
Ich will die Bußes Asch auf
deine Blut-Glut streuen,
die meine Sünd entzündt: daß
der nicht werd gedacht.
Daß meines werd getröst, ist
dir dein Herz verschmacht,
ja lieb-zerschmolzen gar, aus
lauter GOttes treuen:
du littest, daß es dich
verließ, in mich zufliessen,
Dein’ Angst, in meiner Angst
Erfreuung mir zusagt.
Du zagest, Helden Held! daß
würden unverzagt
Die Erzverzweifelten, und sich
auf dich verließen.
Weil dir dein Herz, aus Lieb
zu meinem Herzen bricht:
sich meines auch, vor Lieb, in
dein Herz ganz einflicht.
herz- und schmerzliches Gebet
Der die Erde selbst
erschaffen: fällt hie auf sein Angesicht,
auf die Erd. Es betet hier,
der aufs höchte anzubeten.
Der uns all’ aus Noht erlöst,
zaget hie in seinen Nöten.
Ach sein Fußfall, uns im
Himmel Ewig das Gesicht aufricht.
Wie der Fall des ersten
Menschen, unsern Unschuld Thurn abbricht:
also fällt der ander’, uns aus
dem Schuld-Thurn zu erretten.
Ein Ort, ihn in Abgrund senkt:
und das ein an dieser Ketten
zieht, durch sein
Verdienstes-Schwärheit, uns in Gottes Gnaden-Liecht.
Selbst die Unbeweglichkeit,
die dem Fleiß zersplittert, zittert.
Der die Erden beben macht,
bebet selbst vor Furcht und Angst.
Gottes Zornes-Donner ihm alle
Aederlein zersplittert:
daß du deren Heiles-Kräffte,
meine Seel, dadurch erlangst;
und der Balsam seines Bluts,
vom zerbrochnen Glas, dem Leibe,
sich in dich ergieß’ und
fließ, Ruch und Ruh in dir verbleibe.
Über den GOtt-schmerzlichen, uns tröstlichen,
Leidens- und Erlösungs-Anfang im Oelgarten
Wie Wunder-weißlich muß doch
Gottes Werk geschehn!
im Eden-Garten wurd die erste
Sünd begangen:
und die Erlösung hat im Garten
angefangen.
Gleich an dem Ort des Falls,
mußt Rettung auferstehn.
So schöne Rosen ja hat niemand
nie gesehn,
als meines Jesus Blut, mit der
die Erd kan prangen.
Es heilt den Mordes-Biß der
Höll-verfluchten Schlangen.
Aus jenem kan mehr Heil, als
Noht aus dem aufgehn.
Ach! GOtt! dir ist die Krafft
vom Herzen weggeronnen!
des Vatters Zornesglut
schmelzt dir das Herz im Leib:
hast Herz-Erquickungs-Safft
mir Armen mit gewonnen:
daß ich auch in dem Tod nicht
ungetröstet bleib’.
O Blut- und Angstes-Schweiß!
wollst mir mein Herze kühlen,
wann Feur der Trübsals-Hitz’
und Aengsten ich muß fühlen.
1633 - 1694
Du aller Kräfften Krafft, der
Lebens-Säfte Bronnen,
der Herzens-Geister Geist, der
alle Ding’ erquickt,
bist jetzt, O Wunder-Noht! vor
Aengsten schier erstickt,
daß dir das Herz im Leib’ ist
wie ein Wachs zerronnen.
O HERR! du hast dadurch uns
neue Krafft gewonnen.
Des Vaters Feuer-Aug dich
gribbiglich anblickt,
die heisse Zornes-Glut, dich
zu verzehren, schickt:
dadurch wir Ewig sind der
Höllenflammj’ entronnen.
Dein Blutes-Purpur-Thau, den
Edlen Perlen gleicht:
die baisst und stösst man wol,
wann man sie auf will lösen.
Du wurdest von dem Bach der
Trübsal sehr geweicht,
und littest stöß’ und schläg’,
O Jammer! von den bösen.
Solch köstlich Wasser labt das
fast-verschmachte Herz:
dein Perlen-Blut-Safft stillt,
der Seelen Sünden-schmerz.
1633 - 1694 Was
Wunder! lässt sich dann der Erzerlöser binden?
die selbste Freyheit man mit
Banden hier bestrickt,
von Sünden-Fässeln wird der
Heiligste gedrückt.
Die unbegreifflichkeit, lässt
sich mit Seil umwinden.
Den unerforschlichen sie hie,
zum Binden, finden.
Die Ewig Ewigkeit, in Kerker
wird gerückt.
Die Welt-Erbauungs-Hand, sich
in die Stricke schmückt.
Ach hätt, durch Allmacht, Er
doch können wol verschwinden.
Ja eben dieses ist der Wunder
Mittelpunct,
daß der Allherrschend’ HErr so
willig war zu Leide,
wolt GOttheits-Erbe-Recht mit
Lust im Leiden meiden:
daß nur die klare Lieb’ hell
aus dem Herzen funkt’.
Er hat durch seine Band der
unsern uns entbunden,
und selbe von uns ab-auf
seinem Leib gewunden.
1633 - 1694
Ach! daß nicht diesem stracks
ein Donnerstreich kommt vor!
was wart der Himmel, was die
Erde, umzubringen
den Erzverbrecher, daß sie ihn
nicht gleich verschlingen?
Ach! daß die Hölle nicht
eröffnet ihre Thor?
du Haupt-Anbetungs-Zweck dem
ganzen Engel-Chor,
der Schönheit Erz-Auszug! ach
solst du nicht bezwingen
die Panther-Herzen, und dein
Strahl sie nicht durchdringen?
Ach nein, dein Backenstreich
mein Antlitz hebt empor.
Der Thron der Herrlichkeit,
wird hie vor mich geschlagen.
Dem Strahlen Brunn, der Sonn,
vergeht hie das Gesicht:
daß meins mit Hülf’ und Trost
werd Ewig aufgericht.
Er leidt die Straff, daß wir
das Bild der Glori tragen.
Die Erz- und einig Freud, sein
Angesicht, zusehen,
must dieser Sünden-Streich in
dieses Lust-Ort gehen.
1633 - 1694 du sagsts, Ich bins!
Jetzt lässt die Gottheits-Sonn
ein Wesens-Strahle fallen.
Jetzt schickt’s ein Donner-Wort
aus ihren Himmel-Mund.
Jetzt macht sie, daß sie sey
das Wort und Warheit, kund.
Sie lässt den Engel-Thon, das
klar Bekäntnuß, schallen.
Ich bins: der Ewig GOtt, der
alles ist in allen;
der Schrifft und Bilder Ziel:
des Heils und Segens Grund,
auf dem das ganz Gebäu der
Welt-Erlösung stund’
wie könte doch die Sonn der
Warheit heller strahlen?
die Warheit, die sich GOtt vor
Menschen hie bekennt,
wird dort die Menschen vor der
Gottheit auch bekennen.
Ach laß’ auch vor der Welt
dein Dienerin mich nennen,
beherzt in Noht und Tod, daß
nichts von dir mich trennt.
Gib daß ich keck beten, vor
aller Menschen Macht,
daß Glaub’ in dem Verdienst
allein uns Seelig macht.
1633 - 1694
Du reiner Gottheit-Glanz, den
gar die Seraphinnen
sich unbedecket selbst, zu
loben, wagen nicht!
wird mit dem Sündenschlamm,
dem Speichel, hie verpicht
die Quell der Reinigkeit,
lässt sich mit Koht umrinnen,
in dem am Thabor vor die
Göttlich Schön’ erschienen.
Der Höllen Unflat jetzt das
Drachen-Gifft anricht,
er schiest jetzt seinen Strahl
in unser Lebens-Liecht.
Noch pfleget Gottes Lieb’ im
Speyungs-Meer zu brinnen.
Ach wesentliche Ehr der
selbsten Göttlichkeit!
wie kanst des Spottes du doch
fähig seyn, und dulten?
es ist kein Eusserung der
Liebes-Macht zu weit,
und nichts unleidenlich so
GOtt-gleich-grossen Hulden.
Je mehr die Göttlichkeit die
Strahle in sich rückt,
je mehrer deren Krafft aus
deinem Leiden blickt.
1633 - 1694
Ach GOtt-vereinter Leib,
Erzheiligtum der Erden,
du Tempel voller Geist, du
Tugend-Himmels-Thron,
Herz der Dreyfaltigkeit, du
wahrer Gottes Sohn!
mustu gegeißlet dann von Sünd
und Sündern werden?
du leidest mit Gedult die
blutigen beschwerden.
Die äusserst Unschuld leidt
der Haupt-verbrechen Lohn.
Du hast die Schmerzen, ich die
Wollust-Wonn, davon.
Mich rettend, gibstu dich in
alle haupt-gefärden.
Ach! ach! ein jeder Schmiß
geht mir durch Seel und Herz!
mein Lebens Geist aus mir, wie
dein Blut aus dir dringet.
Wär’s nicht Undankbarkeit und
unleidbarer Schmerz:
ich wolt Erlösung nicht,
weil’s dir so Schmerzen bringet.
Doch weil dein Haupt-Lieb mich
und mein Lieb’ überwindt:
ich so viel Glut, als Blut,
der Lieb’ in mir empfind.
1633 - 1694
Du, aller Engel Kron, der
Himmel Zier und Pracht,
von dessen wehrtem Haupt die
Gottheit-Strahlen blitzen,
lässt mit der Dornen-Kron den
Thron der Hoheit ritzen,
vom Tyger-drucken dir ein jede
Ader kracht.
Wol! uns ein jeder Dorn ein
Leben-Quell aufmacht,
aus der Erlösungs Safft, die
Blut-Rubinen, spritzen.
Es hängt mein’ Himmels-Kron an
diesen Stachelspitzen,
die du erworben hast in dieser
Leidens-Schlacht.
Sie solten in mein Herz, nit
in sein Haupt, seyn gangen!
doch nein: mein-Heil
geschickt, und deine Liebe, must
durch diesen Dörner-Weg zu
ihrem Ziel gelangen.
Du duldest Stachel-Riß,
erwirbst mir Rosen-Lust.
Lieb, der ich mich zu Lieb
will willig ritzen lassen:
gib, daß ich dich ausbreit’ in
Kron- und Sternen-Strassen!
1633 - 1694 Sehet
welch ein Mensch
Ach sehet, welch ein Mensch!
der schönste, so gebohren
in und auch vor der Zeit, des
Vatters Herzen-Lust!
der Engel Wunder-Zweck, vor
unsre Sünde must
der Schmerzen Schießziel seyn,
damit wir unverlohren.
Der GOtt-vereinigt Leib zum
Abgrund wird erkohren,
wo alle Qual hinrinn, von
unsern Sünden-Wust.
Es bricht, ob diesen Platz,
des Zornes Wolken-brust,
das ganze Sünden Heer sticht
ihm mit seinen Sporen.
Ach Edler Aethna du! du flammest
lauter Liebe,
ein jedes Tröpflein ist ein
Lieb-entglühte Kohl.
Ach! daß ich nicht mein Herz
in deine Striemen schiebe,
und einen Gold-Geist mir aus
deinen Wunden hol.
Seht Wunder! welch ein Mensch,
der GOtt und uns versühnet,
mit höchster Schmerzen-Schmach
uns Himmels-Ehr verdienet!
Der, so den Himmel sonst, doch
ohne Schmerzen, träget;
der nur den Sternen winkt, so
thun sie was Er schafft:
ist mit dem schweren Joch der
Dienstbarkeit behafft.
daß unerträglich’ Ihm zutragen
GOtt aufleget.
Die Schuld der ganzen Welt Er
auf den Schultern heget,
Ach itzt erscheinet recht der
hohen Gottheit Krafft:
die ist in Mattigkeit, der
Menschheit Lebens-safft:
und menschlich Fähigkeit, die
so zu leiden pfleget.
Ach Er hat auch mein Creutz
mit seinem hier gefasst.
was Gottes Leib berührt, das
pfleget er zu weyhen:
wie kan doch immer seyn so
süsse Last verhasst!
was von dem Segen-brunn her
fließet, muß gedeyen.
er trägt nit nur sein Creutz,
auch mich mit samt dem meinen.
aus dem Erkäntnus-baum, kan
GOttes Lieb’ er erscheinen!
1633 - 1694
O hohe Wunderstund! in der ans
Creutz geschlagen
der Himmel-Herrscher wird. Der
wahre GOttes Sohn,
hie leidet an dem Holz. Der
sonst in Gottes Thron das
das Allmacht-Zepter führt, muß
jetzt das Fluch-Holz tragen.
Die GOttheit ist in ihm, doch
nicht in Leidensplagen.
Die Sonn wird nicht genetzt,
scheint sie im Wasser schon.
Die GOttheit, gibt ihm Krafft,
ist des Verdienstes Kron,
erhält die Mensch-Natur, und
läst sie nicht verzagen.
Die Glori-Strahlen sie
einziehet, nicht die Krafft.
Er äussert sich allein der
Majestät, Macht, Würden,
und seiner Gottheit nicht: die
ihm die Krafft verschafft,
daß Er vollziehe kan die
innern Lieb Begierden.
Sie ist der Gold-Geist, der
das schwere Leidens-Bley,
vor GOtt Goldgültig macht, daß
es Erlösung sey.
1633 - 1694
Seht Wunder, was ist das?
GOtt, an das Creutz anhafften!
jetzt siht die Brunnen man der
Lieb recht offen stehn:
die liebe Lebens-Flüß’ aus
allen Adern gehn;
jetzt springt Erlösungs-Quell
aus allen Leibes-Kräfften.
Die wesentliche Gnad, vermängt
in diesen Säfften,
wir sichtbar nun vor uns in
Blut-Rubinen sehn.
Doch muß der Heilig Geist die
Krafft ins Herze wehn:
ohn Ihn, verstehn wir nichts
in diesen Heilgeschäfften.
Du wirst ans Creutz, und wir
an Himmels-Thron, erhaben:
hängst bloß, damit uns dort
dein’ Heiligkeit bekleid.
Je reicher herrscht die Lieb,
je mehr die Schmerzen toben.
Viel eh die Seel vom Leib, als
unsre Lieb, sich scheidt.
Er ist gecreutziget, daß wir
gekrönet werden.
Daß uns der Himmel lab, verschmacht
Er auf der Erden.
1633 - 1694
Der Segen wird ein Fluch: auf
daß der Fluch den Segen
vom Fluch erlangen kan:
Gerechtigkeit zur Sünd:
auf daß Rechtfärtigung in ihr
die Sünde find.
der Haubt-Gerechte, will die
schuld auf Unschuld legen,
und die selbstschuldigen
lossprechen auch dargegen.
Hier lieb’ ein Zornes-Feur,
fürs liebste Herz ent-zünd.
die Erzempfindlichkeit sich
selber überwind,
hasst ihren innern Zweck, der
Feinde mit zupflegen.
Es senkt ins Schmerzen-Meer,
der Freuden-Ursprung sich.
des Wesens Quell und Ziel, die
Selbstheit alles Lustes,
verstürzt sich, uns zu lieb,
in Abgrund unsers wustes,
in Sünd- und Schmerzenhöll: so
welt-verwunderlich.
Sein’ Heiligkeit, wolt nicht
des Drachen Rachen fliehen:
daß uns verschlungene sie tönt
aus solchem ziehen.
1633 - 1694 Ich bin
das brochne Rohr: O HErr, erhalte mich.
Zerbrich mich nur nicht gar,
erbarme dich der schwachen.
Ein leichter anstoß-Wind kan
mich bald wanken machen.
In mir ist keine Krafft: Ach
binde mich an dich!
es lasse, was dein Geist
einbläst, vernemen sich!
es schallen aus dem Mund, die
eingegebnen Sache!
ach halt’ es an dein Herz, da
dir die Knecht’ einstachen:
so wird dein Blut, seim Mark,
recht Herzergetzbarlich.
Laß mich die Röhren seyn, nach
deinem hohen Willen,
durch die dein Ehr und Lob das
Land pflegt anzufüllen,
und wider Preiß und Dank durch
sie gen Himmel steigt:
der Segen werd’ herab, der
Ruhm hinauf, geneigt.
Nur würdig mich, mein GOtt,
dein Gnad in mich zu giessen.
Ob ich schon solche Ehr muß
Leben-lassend büssen.
1633 - 1694 Ach
Zuflucht! mustu denn ietzt selbst verlassen seyn,
du, du barmherzigs Herz, von
dem, der selber heisset
die Erzbarmherzigkeit, der du
dich stäts befleisset,
zu seyn der Armen Trost und
Gnaden-Sonnen-Schein?
Du niemandlassender, erleidst
Verlassungs-Pein:
dadurch dein Gnaden-Kron stäts
von Erbarmung gleisset.
der aller Elenden
Beschwernussen zerreisset,
den druckt Hülflosigkeit, der
schwerest Unglück-Stein.
HErr, diese Nöhten-Klag hast
du vor mich gethan:
daß mir’s am reichen Trost und
Hülff nit solte fehlen.
Ja kurz: aus diesem Wort, solt
mein’ Errettung quellen.
Die Straff hastu erduldt, mich
geht sie nicht mehr an.
Mein JEsus, laß mich dich und
diß zu Herzen fassen:
du woltest nicht nur seyn, ja
selbsten dich, verlassen.
1633 - 1694
Das Erste:
Vater vergib’ Ihnen, sie
wissen nicht, was sie thun.
Vergib’ O Vatter, das, was sie
an mir verbringen.
die That ist böß: iedoch mein
mild-vergoßnes Blut
ist für die bösen, ja für die
Vergiesser, gut.
Ich laß’ es auch für die, so
mich verwunden springen;
das Leben soll’ in ihm der
Tödter-Tod verschlingen.
Es ist der ganzen Welt ein
Liebes-Feuer Glut:
und wunderreichst zugleich ein
Sünde-Tilgungs-Flut:
mit iedem Tröpflein, auch
Vergebungen ausdringen.
Reut sie das übel nur, so ist
es schon gebüst:
mein Gnadenherz sich bloß mit
Reu und Demut weidet.
Ich will, daß diese Schaar
meins Blutes Krafft geniesst:
auf daß, aus unwehrts-furcht,
man ie sein Heil nit meidet.
wer ist unwehrter doch, als
die mich selbst verwund?
noch mach ich, wann sie nur
mir trauen, auch gesund.
Das II. Wort
Warlich warlich ich sage dir:
Heut wirstu
mit mir im Paradeiß seyn.
Der ich die Warheit bin, dazu
der Weg’ und Leben,
zu und im Paradeiß, ich sage
gnädigst dir:
daß, ob du mich und dich schon
hangen siehst allhier,
du in demselben doch, sampt
mir, heut noch solst schweben.
Der, der es selber ist, kan ja
das Leben geben!
kein GOtt- noch Lebens-Krafft
spürstu zwar jetzt an mir:
denn, als ein Würmlein, ich
erwirb die Himmels-Zier:
mein tieffste Nidrigkeit kan
Himmel-an erheben.
Wer GOttes Kind, und mir ein
treuer Knecht, will seyn,
der muß mein Creutz nit nur
bloß lieben, sondern tragen,
und durch den Bach am Weg zum
Himmel gehen ein.
An denen hab ich nur mein Lust
und wolbehage,
die mir, wie du, am Creutz,
auch wider allen Schein,
vertrauen. Daß du würdst erlöß’t,
ließ ich mich schlagen.
Das III. Wort
Weib, sihe, das ist dein Sohn
Ach Mutter, die mein Schmerz,
wie euch der eure, kränket!
verzeiht mirs, daß ich mehr
eur Heil als Freude such.
Ich muß es thun, es steht also
von mir im Buch.-
Mein Gnad’ und eure Sünd, mich
in diß Elend senket.
Damit ihr aber nicht euch gar
verlassen denket,
so seht, daß Sterbend euch
versorgt mein Schaffungs-Spruch,
so hab’ ich, ob ich schon
jetzt bin am Creutz ein Fluch,
Johannes Herz zu euch, und
eurs zu ihm, gelenket.
Und du, mein liebster Freund,
wollst meiner Mutter pflegen,
als der, in deren Leib ich
diesen an mich nahm,
in dem ich fähig ward vor euer
Heil zu sterben.
Es kan, der schmerzen Krafft,
die Liebe nicht erlegen.
Ihr Leid, ist auch ein Als an
diesem Creutzes-Stamm,
an dem ich’s Leben will, durch
Sterben, euch erwerben.
Das IV. Wort
Mich dürstet.
Mich dürstet: daß ich euch an
Freud kan truncken machen,
daß ihr vor gutem Muht jauchzt
in der Ewigkeit.
Mein Blut, so dürstig ist, daß
es euch Ruh bereit,
daß seiner tropffen Schweiß
wie Purpur-Thau herbrachen.
Es dürstet nach dem Durst der
fast verschmachten Schwachen.
und daß es ihnen selbst könnt
werden mit der Zeit
ein Trank: ihr werdet dadurch
des Seelen-Dursts befreyt.
Der Durst ist, nicht nach
Wein, nach Herz-Erquickungs Sachen.
Ich könt den Felsen auch wol
schlagen, wann ich wolt,
ich selbst der Lebens-Brunn
könt frische Quellen schaffen,
ja daß mir in den Mund ein
Bächlein rinnen solt.
daß ihr wurd Ewig satt, mich
alle Mängel traffen.
Schau, alles diß, O Mensch,
ich willig leid vor dich.
Mit Buse-Thränen solst du
wider träncken mich.
Das V. Wort
Mein GOtt, mein GOtt,
warum hastu mich verlassen.
Mein GOtt, wie hast’ auf mich
Verlassung lassen fallen!
dein ganzes Zornes-Heer jetzt
stürmet auf mich ein.
Ach! du entzeuchst mir ganz
den GOtt- und Gnadenschein.
Ich bin ein Würmlein nur, das
Elendst unter allen.
Mein süsse Labung, sind die
herb’ und bittern Gallen.
Doch soll mirs eitel Trost und
Zucker-Wollust seyn,
wann mit der meinen ich
vertrieb der Menschen Pein.
In grösten Schmerzen pflegt
mein Herz vor Lieb zu wallen.
Ich will mich lieber selbst,
als sie, verlassen sehn.
Und wann ich noch so viel, ja
mehr noch, aus solt stehn,
so trauret mich doch nichts:
wann sie es nur geniessen.
Mein’ Haupt-Verlassung, sey
ihr stäter Trostes-Brunn.
Daß sie sie finmden stäts, mir
alle Hülf zerrünn’.
Mein Blut soll von mir weg,
sie zu erquicken, fliessen.
Das VI. Wort
Es ist vollbracht
Es ist der Feind erlegt, der
Höll’ ihr Macht geraubet;
der Schlangen Haupt
zerknirscht, gesetz’ und Schrifft erfüllt,
Gewissens Anklag’ ist, auch
Gottes Zorn, gestillt,
mit diesem Helden-Streich das
Höllen-Reich betaubet,
den Armen Seelen auch der
Himmels-Trost erlaubet.
Umsonst der Höllisch Drach nun
auf die Frommen brüllt:
in meinem Sieges-Fahn sie
herrlich sind verhüllt.
Höll, Teuffel, Sünd’ und Tod,
schadt nichts dem der fäst glaubet.
Daß ganz’ Erlösungs-Werk ist
völlig nun vollbracht;:
daß Opffer, so ich bin, auf
Ewig schon geschlachtet.
Ich hab’ es alles wol, allein,
und gar, gemacht:
wer weiter Opffern will, mein
völligkeit verachtet.
Nun alles ist durch mich, was
euch erlöst, verzicht:
drum lasst eur selb-Verdienst,
seit mir allein verpflicht!
Das VII.
Vatter! ich befehl meinen Geist
in deine Hände.
Mit meinem, ich dir auch in
deine Gnaden-Hände
gib’ aller Christen-Geist. Mein
Sterben sie belebt:
mein Leib’-eingrabung sie in
deine Schoß erhebt:
mein’ Höll’ ihr’ Himmel-fahrt
und Paradeiß anlände.
Auf daß in deiner Hand mein
Geist, ich ihm hersende,
den ihren Ruh bereit: wornach
ich lang gestrebt,
in Herz- und Höllen-Pein, im
Blut und Creutz geschwebt,
biß endlich ich erlangt diß
meines [Leidens] Ende.
[Endes]
Dieweil ja meine Lieb’ am
Leiden nicht vergnügt:
so will ich sterben auch, auf
daß unsterblich werde
die selbste Sterblichkeit.
Mein Tod den Tod besiegt.
Die Auferstehung bring’ mit
mir ich in die erde.
Ihr meinet, ihr verschlingt
das Leben, Erd’ und Tod!
Nein! es hat minder nie mit
ihm, als sterbend Noht.